Warendorf - Es wird mucksmäuschenstill im Raum, als Andreas Breiing die Aula der Volkshochschule betritt. In dieser Aufmachung hatte keiner den Kabarettisten erwartet.
Mit einem strengen Seitenscheitel, angeklebtem Bart und Anzug betritt Breiing als Hitler-Double den Raum, gießt sich ein Glas Wasser ein und beginnt mit den Worten: „Meine Damen und Herren, normalerweise bestimme ich mein Essen selbst. Selbst Stalin hat dies schon so gemacht."
Zum alljährlichen Holocaustgedenktag am 27. Januar, an dem an die im 2. Weltkrieg ermordeten Juden erinnert wird, lud die Volkshochschule zu „Hitlers Tischgesprächen" mit dem Münsteraner Kabarettisten Andreas Breiing ein, der Monologe Hitlers, die in den Jahren 1941/1942 aufgenommen wurden, zum Besten gab.
„Die Quelle dieser Monologe löst sich von den gewöhnlichen Hitler- Präsentationen erheblich ab. Er ist in seinen Abendrunden sehr privat und wird nicht publizistisch dargestellt", erzählt, der Regisseur des Stückes, der eine kurze Einleitung zu dem Thema gibt.
Es ist nicht einfach, dieses sensible Thema schauspielerisch umzusetzen.
„Die Kritik sagt: Darf man Hitler als Menschen in seinen Tischgesprächen darstellen und auf unsere Augenhöhe runterziehen? Es ist teilweise eine Zumutung, sich dem Auszusetzen", so Krystofiak.
Breiing beginnt in einer schauspielerischen Meisterleitung über Wirtschaft, Kunst, Bildung und nervige Reichsparteitage zu reden. Hitler empfand es als anstrengend stundenlang stramm zu stehen und den Arm zu heben. Aber jedes Mal war es für ihn auch ein Akt der Trauer, wenn der Parteitag vorbei war.
„Als wenn der Schmuck vom Christbaum entfernt wird", gibt Breiing Hitlers Worte wieder.
Der Kabarettist steht auf. Er schreitet im Saal auf und ab. Schaut man sich die Gesichter der Menschen im Publikum an, sieht man angespannte, geschockte, fassungslose und nachdenkliche Mienen. Viele Zuhörer können die Texte noch gar nicht fassen und einordnen: „Von Natur aus bin ich ganz anders, ich möchte niemanden leiden sehen. Aber trotzdem habe ich gerade St. Petersburg erobert."
Andreas Breiing setzt sich wieder und fährt mit seinem Monolog fort. „Zur Zeit der Kirchen und Päpste wurden die Juden verbrannt, doch ich sage nur, sie müssen weg!"
Allgemeines Kopfschütteln und Fassungslosigkeit setzen im Publikum ein, als Breiing den Raum verlässt und das Publikum einen Moment Zeit bekommt, die Monologe Revue passieren zu lassen.
„Bis sechs Uhr machen wir jetzt aber nicht", beruhigt Krystofiak das Publikum, denn Hitler pflegte es seine Tischgespräche oft bis in die frühen Morgenstunden zu führen.
In der anschließenden Diskussionsrunde hatten die Zuhörer Gelegenheit, Fragen an Breiing und Krystofiak zu stellen und sich untereinander auch über persönliche Erfahrungen aus der Zeit des Nationalsozialismus auszutauschen.
VON LAURA WEWERS
Andreas Breiing
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